Anja´s Erfahrungen als Erziehungswissenschaftlerin im Betreuten Jugendwohnen
von Nico Witt
Hallo,
mein Name ist Anja und ich arbeite seit September 2023 bei der INDEPENDENT LIVING Stiftung Jugendhilfe Berlin Nord/West als Beraterin in einem BEW [Betreuten Einzelwohnen] und JWG Projekt. Ich habe kurze Zeit zuvor meinen Master in der Erziehungswissenschaft gemacht und habe als Berufseinsteigerin bei der INDEPENDENT LIVING Stiftung gestartet.
Wir nennen uns lieber Berater:innen, als Betreuer:innen, da wir die jungen Menschen zu Alltagsangelegenheiten beraten, damit sie diese irgendwann selbstständig erledigen können. Wieso dieser Unterschied für mich relevant ist, werde ich gleich noch genauer erklären.
Was kann ich aus dem Studium der Erziehungswissenschaften anwenden?
Während meines Studiums hätte ich nicht gedacht, dass ich mal in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sein werde. Je nach Universität gibt es in der Erziehungswissenschaft unterschiedliche Schwerpunkte, so war das bei mir eigentlich Erwachsenenbildung, Coaching und Evaluation. Auf meiner Universität hatten wir ein ganzes Modul zur Beratung, unter anderem zum systemischen Beraten, was mir auf Anhieb am meisten zugesagt hat. So war für mich klar, dass eine normale Betreuung für mich nicht in Frage kommt und ich Menschen lieber zu unterschiedlichen Themen beraten möchte. Die INDEPENDENT LIVING Stiftung arbeitet im Beraten der jungen Menschen sehr ressourcenorientiert und allgemein sehr systemisch. Mir war schon immer klar, dass ich nicht gerne mit Kindern, sondern lieber mit Jugendlichen oder Erwachsenen arbeiten will. Da im BEW und der JWG Menschen im Alter von 15-21 Jahren wohnen, habe ich mir den Job also zugetraut.
So ging es nach der Bewerbung als Erziehungswissenschaftlerin für mich weiter...
Nach meinem Vorstellungsgespräch hatte ich direkt ein gutes Gefühl, sodass ich nachgefragt habe, ob für einen besseren Einblick in die Arbeit Hospitieren möglich wäre, was sofort bejaht wurde. Ganz allgemein habe ich hier immer das Gefühl, dass individuelle Wünsche und Anregungen sehr ernst genommen werden und man immer gehört wird. Das ist nicht selbstverständlich und ich schätze das sehr an der INDEPENDENT LIVING Stiftung. Die Hierarchien sind hier sehr flach, was ich als sehr angenehm empfinde.
In meinem Team habe ich mich von Anfang an sehr willkommen und wohl gefühlt. Da mir als Erziehungswissenschaftlerin und Berufseinsteigerin an manchen Stellen Wissen fehlt, habe ich öfter Fragen, die mir immer beantwortet werden, ohne dass ich das Gefühl habe, damit zu nerven. Da wir in unserem Team unterschiedliche Berufs- bzw. Studienabschlüsse haben, hat jede:r auch vertieft Wissen in unterschiedlichen Belangen. So arbeiten in unserem Team Sozialarbeiter:innen, Sozialpädagog:innen, Heilerziehungspädagog:innen, Psycholog:innen und Erziehungswissenschaftler*innen.
So habe ich die Einarbeitung erlebt...
Besonders hervorheben möchte ich das tolle Einarbeitungskonzept, das betriebsteilintern durchgeführt wird. Hier trifft man sich für 1,5 Jahre 1 Mal im Monat mit allen „Neuen“ und wird in unterschiedliche Themen eingearbeitet. Die Stimmung ist dort immer sehr locker und man erfährt unglaublich viel über unsere Arbeit. Auch finde ich ganz besonders gut, dass kleine arbeitsrelevante Fortbildungen meist ganz vom Träger bezahlt und große, umfangreiche Aus- und Weiterbildungen bezuschusst werden. So kann man größere Wissenslücken durch eine Fortbildung ganz leicht füllen.
Die Arbeit mit den jungen Menschen empfand ich anfangs als herausfordernd, da viele von ihnen psychisch belastet sind und man individuell seinen Weg finden muss, damit umzugehen. Auch hier findet man aber immer im Team viel Unterstützung und fühlt sich nie alleine. Mit der Erfahrung bekommt man hier eine Routine, die den Arbeitsalltag sehr erleichtert.
Fazit: Es ist total schön zu beobachten, welche Fortschritte junge Menschen in der Jugendhilfe machen.
Insgesamt macht mir die Arbeit mit den jungen Menschen sehr Spaß. Es ist total schön zu beobachten, welche Fortschritte sie machen und wie sehr sie im Laufe der Zeit ihren Alltag mehr und mehr alleine bewältigen können. Was die Arbeit auf jeden Fall oft erschwert, ist der Mangel an Fachkräften und Geldern in den meisten Bereichen, die für uns relevant sind: Jugendamt, medizinische Versorgung, Therapie, Beratungsstellen, Behörden etc. Dort muss man oft sehr beharrlich und geduldig sein. Insgesamt kann ich die Arbeit bei der INDEPENDENT LIVING Stiftung sehr empfehlen. Als Erziehungswissenschaftler:in muss man sich erstmal in die Arbeit einfinden, aber das Team und auch die Arbeit mit den jungen Menschen ermöglichen einen sehr bereichernden und abwechslungsreichen Arbeitsalltag.
Viele Grüße
Anja
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